Red Bull Tri Islands 2017 – Svens Bericht

Hallo zusammen,

eigentlich bin ich nicht so der Berichteschreiber, aber was ich letztes Wochenende erlebt habe, würde ich dann doch mal mit euch teilen wollen.
(Außerdem hat mich der Internetflabbes dazu genötigt)

Es fängt schon damit an eine richtige Überschrift zu finden. Zur Auswahl standen „War das Krass“, „Kampf der Gehzeiten“, „Kampf gegen die Zeit“,
„Die härteste Kurzdistanz Europas“ etc….

Ich bin ein Mensch der vielen Worte, also bringt Zeit beim lesen mit ;-).

Starten möchte ich mit meiner Ankunft auf der Insel am Freitag Vormittag gegen 11 Uhr…….ich rolle also mit meinem Wohnmobil an und…….nichts zu sehen. Keine Schilder, kein herzlich Willkommen und nur ein paar vereinzelte Fahrzeuge auf einer total durchgeweichten Camperwiese. War ich richtig? Ja, ich war einfach noch zu früh. Da es auf den drei Inseln brutale Vorschriften an den Veranstalter gibt, durften auch noch keine Wegweiser aufgehängt oder die Wechselzone aufgestellt werden, dazu nachher aber noch mehr.
Ich also erst mal einen Platz auf dem gegenüberliegenden Campingplatz gebucht, hingestellt, ausgepackt und mich auf den Weg zur Startnummernausgabe gemacht. Das Wetter konnte zu diesem Zeitpunkt nicht schlechter sein, es war kalt, stürmisch und es regnete wie aus Eimern. Auf dem Weg dauerte es also keine halbe Stunde und ich war triefend nass, trotz wasserabweisender Klamotten. Die Scheune bei der Ausgabe war groß, aber lieblos geschmückt mit ein paar RB Kühlschränken. Die Mädels bei der Ausgabe waren dafür aber echt freundlich und haben ziemlich genau noch mal alles erklärt, da die Logistik für drei Insel doch sehr anspruchsvoll ist. Das Thema war dann schnell durch und es blieb der unbedingte Drang mal aufs Meer zu schauen. Ich also über den Deich und……… das Meer war unschwimmbar! Sollte das schon das Ende sein?
Ich war genickt, demotiviert und bin erst mal klitschnass zurück zum Wohnmobil um mich dort vor die Heizung zu stellen. Der einzige Wettkampf in diesem Jahr und dann sowas………dabei hatte ich vor 2,5 Monaten doch angefangen extra dafür zu trainieren und 7 kg abgespeckt….
Drei Stunden später sah das ganze schon etwas anders aus, die Sonne war da, die Schilder wurden aufgehängt und die ersten Menschen fuhren sich auf der Campwiese fest….es kam also Leben in die Bude. Es dauerte nicht lange, da wurde ich direkt von einer Gruppe Kieler adoptiert und die Stimmung heiterte sich wieder auf. Abends dann die Überraschung bei dem nächsten Besuch in der Scheune. Es war richtig nett eingerichtet und es gab ein Abendessen, was ich so noch auf keiner anderen Veranstaltung gesehen habe. Wirklich für jeden etwas dabei……und ich war nicht alleine, denn unsere Ellen hatte ich auch getroffen. Die einzigen beiden Tricolognies im hohen Norden.
Bei der Wettkampfbesprechung wurde es dann ernst und ruhig in der Scheune. Alle hörten zu und wollten wissen, ob und wie gestartet wird. Es wird gestartet! Das Wetter soll sich am nächsten Tag bessern, also packt die Beutel für Amrum und Sylt und checkt die Räder ein hieß es…..

Raceday:
Trotz Sturm und Regen hatte ich gut geschlafen, fühlte mich fit und hatte bock. Ich zog den Vorhang auf und schaute nach draußen und tatsächlich……es regnete. Ey, ich dachte das Wetter wird besser?
Hilft nix, ich bin hier und will starten, also Sachen anziehen, packen und ab dafür. Um Acht gab es die nächste Wettkampfbesprechung. Auch hier hieß es das Wetter wird besser. Es ging also los…..mit einer Wattwanderung. Wir mussten ja irgendwie zur Startinsel, also hatten wir 8 Km bzw. 3 Stunden Wattwanderung vor uns. Wer jetzt noch etwas vergessen hatte oder zu kalt angezogen war, hatte Pech.
Auf Amrum angekommen freuten wir uns auf die Startunterkunft und darauf uns etwas aufzuwärmen…….vergiss es. Die Insel Amrum erlaubt es nicht auch nur einen Furz zu lassen (so der Veranstalter), also standen nur fünf große Schirme, vier Dixis und vier Kühlschränke, auf deren Rückseite sich Menschentrauben bildeten um sich am Motor der Kühlschränke aufzuwärmen. Alle anderen zogen umgehend den neo an, um möglichst schnell wieder warm zu werden und die wärme zu halten. Ich sah viele schon mit blauen Lippen, blauen Händen und am ganzen Körper zittern.
Da wir auf die Flut warten mussten, hieß es jetzt zwei Stunden ausharren und versuchen mit Cola, Riegel und Banane fit zu bleiben und möglichst wenig Energie zu verlieren.
Es ging los…….alle Sammeln und zurück zum Strand. Auf dem Weg dorthin standen Security die peinlich genau darauf achteten, dass keiner seinen Müll irgendwo entsorgt oder noch mal in der Düne austreten geht. Kein Einschwimmen, sondern nur kurze Anweisung wie die Strömung zu beachten war und ab ging die Luzi. Ab jetzt hast du für 3,2 km Schwimmen und 40 km Radfahren 150 min Zeit um auf eines der 10 Speedbote nach Sylt zum laufen zu kommen. Der Run gegen die Zeit hat bekommen und das Meer war herrlich glatt…….und kalt.
Man sollte eine Wattwanderung und die Kälte nicht unterschätzen, denn relativ schnell gab es den ersten Krampf in der rechten Wade und ich war nicht allein. Um mich herum waren ebenfalls zwei Leute die mit Krämpfen zu tun hatten. Kopf ausschalten, beruhigen, krampf lösen, atmen und weiter. Jeder Anflug von Krämpfen wurde unterdrückt und die Arme schaufelten unermüdlich nach vorne, den Blickt auf das andere Ufer gerichtet und mit der Hoffnung nicht von der Strömung kurz vor Schluss erwischt zu werden. 51 min mit rein laufen und raus laufen…….Bähm! Die erste Zeit war voll nach meinem Geschmack, ich hatte bock und…….es regnete. Nicht mehr viel, aber was zum Teufel war mit dir los Petrus?
Ich entschied mich trotzdem gegen ein Langarmtrikot und für die Zeit, zog mit den sandigen Füßen die nassen Radschuhe an und sprang aufs Rad.
35 Schnitt…………..37 Schnitt……….läuft, nur die Hände sind taub vor kälte, aber das kommt gleich wieder…………..
dahinten dann rechts für den Rückweg der ersten Runde……….32 Schnitt…….30 Schnitt……..27 Schnitt……. WTF? Der Wind war zurück und jetzt hieß es arbeiten und Trainingsleistung abrufen.
Zweite Runde das gleiche Spiel, erst gas geben, dann ackern…………WZ kommt immer näher…………jetzt runter vom Rad, rein laufen und auf die große Uhr gucken………….BÄHM………noch 18 Minuten Zeit vor cutoff Ende………….31 Schnitt Gesamt………schnell Helm ab, Schuhe in die Hand und zum Steg runter……….nicht umknicken……..niiiicht umknicken…………..Tataaaaaa das Fährticket in der einen und die RB Dose in der anderen Hand stand ich auf dem Steg und war schon mal überglücklich. Petrus war auch besser drauf und die ersten Sonnenstrahlen versuchten meinen durchfrorenen Körper etwas Wärme zu schenken. Ein kleiner Blick nach unten verriet, dass auf der Radstrecke wohl noch das ein oder andere Häufchen Schafskacke lag………eeegal, ich hab das Fährticket!!!

Und weiter geht’s. Direkt weiter auf das Speedboot und Vollgas Richtung Sylt, während ich versuchte mir die Socken und Schuhe anzuziehen. Die 15 minütige Fahrt war schon geil. Kurz vor der Hafeneinfahrt wurde dann aber scharf gebremst, da die Hafenpolizei jedes Speedboot laserte und wir auch nicht direkt an der Hafenmauer anlegen durften. Man fühlte sich doch direkt Willkommen auf Sylt….
Der Veranstalter ist aber in den letzten Wochen nicht blöd gewesen, so legten wir an einem Fährboot an, liefen durch das Boot an Land und konnten dann auf die Laufstrecke gehen. 10 Km………das geht, dass hast du schon öfter gemacht und das kannst du ja auch………..also schön 5.30 – 5.40 Schnitt, was für mich bereits sehr gut war und an den ganzen Treppen und Dünenübergänge wurde das Tempo erst mal raus genommen. Die ersten 5 km liefen super…..super Landschaft…….super Wetter und ich begann zu schwitzen…….ein deutlich neues Gefühl an diesem Tag.
Nach 5 km hieß es aber rechts rum und zum Strand…….für mich gleichbedeutend mit „rechts rum und ab hier sterben auf raten“. Alte Hacke……wer von euch will mich jetzt verarschen?……..Ich hatte die Wahl zwischen grade aber im tiefsten Sand laufen, oder nach rechts abschüssig und am Wasser entlang laufen……….7.40 Schnitt mehr ging nicht, der Puls drohte gen Mond abzudriften, die Schuhe voller Sand und der rechte Oberschenkel wollte mir aufgrund der einseitigen Belastung etwas mitteilen.
Neue Strategie……..laufen, gehen und Luft holen, leiden, laufen, gehen und Luft holen, leiden………und ich habe dabei sogar noch andere Athleten überholt……..4 fucking nicht enden wollende Kil(l)ometer…….aber die Sonne schien und der Ausblick war toll.
Hier links…………sehr gerne! Vom Stand wieder auf festen Untergrund und zack…..der 6.00 Schnitt kam immerhin noch mal zurück. Links, rechts, durch den Wald, letzter Kilometer…….wie, noch einer, die Uhr sagt schon 10 !?! Also weiter und ab hier nur noch 250 Meter………..durch den herrlichsten tiefsten Sand von Sylt……….Finish !!!!!!!!! Aaaaaaaalllter schon lange nicht mehr so froh gewesen im Ziel zu sein, aber überglücklich!!!!

Was für eine großartige Veranstaltung, was für ein Wetter, was für Eindrücke……….was für Schmerzen in den Beinen.
Fast 400 Anmeldungen, davon sind 296 gestartet und 62 haben es nicht geschafft. Allen Grund stolz zu sein…..es fehlten nur die anderen Tricolognies……Ihr habt gefehlt 🙁

Ab jetzt kommt nur noch unwichtiger Kram zu berichten……sechs Flaschen Bier in zwei Stunden auf der Aftershow Party und die nötige Bettschwere war erreicht.

Jeder der jetzt überlegt es auch mal zu machen, sollte sich von mir ermutigt fühlen. Es ist ein großartiges Event in einem sehr familiären Kreis. Der Veranstalter (nicht Red Bull) informiert und organisiert perfekt im Rahmen der Möglichkeit. Die Startgebühr ist völlig gerechtfertigt.
Leider sind die Teilnehmerzahlen in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken, sodass überall das unbestätigte Gerücht kursierte, dass nächstes Jahr der wohl letzte RD TriIsland stattfinden wird. Also jeder der noch mal wollte, sollte das ganz fest für nächstes Jahr einplanen !!!
Es kann doch nicht sein, dass die Leute von Triathlon Eintracht Frankfurt mit 14 Leuten die größte Gruppe vor Ort stellte…..das können wir besser !

Euer, sich in Regeneration befindlicher, Sven