Kölnpfad Ultralauf (10×11 Kölnpfad, 110 km) – Marcs Bericht

Es ist Fr. der 30.06.2017 ca. 16.00Uhr und ich stehe an der Startnummernausgabe für den Kölnpfad 2017 in Köln-Höhenhaus.

Es herrscht schon geschäftiges Treiben, da die 171km-Läufer um 0.00Uhr starten werden. Wohnmobile werden geparkt, Zelte aufgebaut, Wasserkanister und Cola-Blister herumgeschleppt.

Einmal 110km bitte!

Werde sehr freundlich vom Organisator begrüßt und bekomme gezeigt wo ich mein Zelt aufstellen kann. Also Zelt hingestellt, Schlafsack ausgerollt und Essen deponiert.

Es schleicht sich langsam dieses „Jetzt wird´s ernst Gefühl“ ein. Als ich mich in 2016 angemeldet habe fand ich die Idee irgendwie viel cooler über 100km zu laufen!

Fahre wieder nachhause, letzte Vorbereitungen.

Sa. 01.07.2017 kurz vor 10.00Uhr:

Stehe mit meiner Frau Antje und ca. 40 weiteren Startern (im Regen) am Marathontor des Rheinenergiestadion. Na das kann ja heiter werden! Stelle mit gerade vor wie meine Füße nach 15-16h Stunden im Regen aussehen werden? … aber das alte Mantra poppt hoch : „Nicht denken, nicht denken, nicht denken,…“

Kurze Rennbesprechung, Countdown und los! Alle hoppeln ganz gemütlich durch den Regen und nach ca. 1-2km hört es tatsächlich auf zu schütten! Juuchuuu!!

Gore-Jacke ausgezogen und Antje gegeben. Sofort ist der Tag wieder mein Freund!

Komme langsam in meinen Rhythmus, um mich herum sind alle ganz aufgeregt am Quasseln, die Routine stellt sich ein und ich trabe vor mich hin…komme am Fort VII vorbei und plötzlich stehen Mario S. und Mel (auf dem Rad) vor mir. Freue mich total die Beiden zusehen. Wir laufen etwa 13-14km zusammen, Mario erzählt mir vom Luxembourg-Triathlon und die Mädel machen Fotos und sind ebenfalls am verzällen.

Dann müssen die Beiden leider wieder nach Hürth abbiegen. Wir verabschieden uns herzlich und weiter geht´s in Richtung „Forstbotanischer Garten“ und Köln-Weiß. Da klinkt sich dann Antje nach 25km auch aus. Es hat wieder begonnen zu regnen und bei dem langsamen Tempo wird es einem auf dem Rad schnell kalt.

Habe aber nur ca. 5km alleine bis zur Rodenkirchener-Brücke, da treffe ich auf René. Hatte am Vortag meine Wechselsachen und Verpflegung zu ihm auf die Löschbootstation in Deutz gebracht. Da treffe ich ihn, pünktlich wie die Feuerwehr rollt er an der Brücke neben mir vorbei und reicht mir ´ne Cola, Schoki und Würstchen…sehr geil!

Herzlich begrüßt und schon geht’s über die Brücke und den Rhein hoch. In Köln-Ensen (bei Porz) gibt es dann wieder einen Verpflegungspunkt. Halte nur ganz kurz an. Essen und Getränke auffüllen und sofort weiter. Treffe da Supporter mit denen ich beim Tortura-Ultra im Februar zusammen gelaufen bin. Ist wirklich eine kleine eingeschworene Gemeinschaft diese Ultra-Welt!

Weiter geht’s bis zum südlichsten Wendepunkt des Kölnpfades, in der Höhe von Wesseling (für mich etwa Marathon-Distanz). Da klingelt plötzlich mein Telefon. Mein Chef (von Birkenstock) ist extra aus dem Westerwald gekommen um mich anzufeuern. Der ist nämlich selbst total sportbegeistert! Höre, dass mein GPS-Tracker spinnt (war zwischendurch in Bosnien-Herzegowina!). Wir verpassen uns zweimal, verabreden uns aber in Libur bei Km 54. Klappt dann auch! Es ist wirklich super, Besuch an der Strecke zu bekommen. Laufe so ca. 3km und gehe dann 1km. Lege die Gehpause nach Libur, treffe da meinen Chef und wir gehen und quatschen ca. 10min. zwischendurch essen und trinken (im Gehen) und schon geht´s weiter.

Fängt zwischendurch immer wieder an zu regnen, wenn man warm bleibt ist das aber eigentlich wurscht. Für René war das schwieriger weil man halt zu langsam fährt um warm zu werden. Außerdem scheint Gore-Tex auch nicht das zu halten was es verspricht.

Aber egal, wir haben dennoch unsern Spaß und müssen oft so lachen, das wir von anderen Läufern misstrauisch beäugt werden! …so what?! …Das gibt Gesichtsmuskelkater!

Es geht wieder in den Wald in Richtung „Monte Troodelöh“…und es regnet natürlich wieder!

Füße fühlen sich aber (obwohl nass) noch gut an. Vor und um Bensberg wird es dann steil und steinig.

René muss absteigen und das Rad mit Packtaschen die Berge hochochsen! Bei der doppelten Marathon-Distanz (km85 in Bergisch-Gladbach am Mediterana) gibt’s dann einen Verpflegungsstand mit lecker Essen. Aber auch hier, nur schnell was Warmes essen, tanken und weiter. Es fällt mir immer schwerer zu laufen. Es wird stockdunkel, die Knie tun weh, die rechte Wade meldet sich.

Es ist als ob man gegen Gummibänder in den Beinen arbeiten muss die irgendwer immer weiter anzieht. Bei km 90 sind nur noch ca. 7,5km/h drin, dann nur noch 6km/h, die Knie und Waden machen dicht!…O.K. das war´s! Jetzt ist marschieren angesagt! Aufgeben is nich!

René muss sich gegen 0:30Uhr ausklinken. Er muss um 9.00Uhr seinen Dienst auf der Wache antreten. Bin super happy, dass er solange durchgehalten hat. War mir eine Riesenhilfe!

René, du bist der Beste! Danke!

Bekomme noch Verpflegung, Wasser gibt es gleich am letzten Verpflegungspunkt. Er radelt von dannen. Bin alleine im Wald! Folge den Wegzeichen und treffe irgendwann auf eine Gruppe 171er.

Die laufen voll „Terminator-mäßig“ durch die Nacht. Killerblick, auf Autopilot…schon 10h länger als ich…völlig krass!! Komme mir richtig vernünftig vor!

Cola und Wasser gehen zu Neige…kein Verpflegungstand in „Sicht“. Sauge die letzten Tropfen aus der Trinkblase. Muss den Stand verpasst haben! (Erfahre später, dass es den letzten Stand mit Wasser nur bei Hitze gibt! Super! Am 85km-Punkt sagte man mir, noch 12km!)

Merke, dass ich auch energiemäßig leerlaufe, wenn man aber ohne Wasserversorgung Nahrung zu sich nimmt, dehydriert man aber noch mehr. Also, muss halt 8-9km so gehen! Komme an Baggerseen vorbei, überlege ob ich mir da Wasser holen soll. Ääähhh…besser nicht! Sehe in einiger Distanz hinter mir eine Gruppe kommen. Zur Not schnorre ich die an!

Aber dann kam doch der Exit-Point vom Kölnpfad. Jetzt noch ca. 2,5km bis ins Ziel. Folge den Reflektoren und Pfeilen auf dem Boden durch Wohngebiete. Die letzten 700m ging es dann wieder durch ein Waldstück. Das Marschieren geht ganz gut! Gleich geschafft!

Höre es links neben mir im Gebüsch rascheln, ca. 10-15m neben mir steht eine ganze Wildschweinrotte (ca. ein Dutzend Tiere, große und kleine). Sie werden von meiner Lampe aufgeschreckt! Oh shit!! Jetzt 600m vorm Ziel noch von einer übellaunigen Schweinemutti angegriffen werden, ist das Letzte was ich brauchen kann! Ich weiche nach rechts aus und verpisse mich sehr zügig! Puh…gut gegangen!

Und da ist es… biege ins Ziel ab!

Geschafft!!  108km in 17:02h! (03:02Uhr)  Platz 22 von 38 Finishern. Bin völlig glücklich!

Werde sehr herzlich empfangen, jetzt erstmal essen, trinken und dann in den Schlafsack.

Am nächsten Tag gibt es ein gemeinsames Mittagessen für ca. 150 Personen. Es herrscht eine sehr entspannte Atmosphäre. Tolle Leute, ein toller Event!

Bin als Fremder gekommen und als Freund gegangen.

Ein unvergesslicher Tag für mich!

Jetzt aber erstmal Beine hochlegen!    …nächstes Jahr die 171km???

….never !!!!

Liebe Grüße

Euer Marc